Musikunterricht
Training
Ein bereits erarbeiteter Aspekt soll trainiert (aus Sicht der Lernenden) und in seiner Sicherheit überprüft (aus Sicht der/des Lehrenden) werden.
Beispiel 1: Schlüsse hören
Als Beispiel sollen hier Schlussbildungen dienen (Ganzschluss | Halbschluss | Trugschluss). Die unterschiedlichen Schlussbildungen wurden im Unterricht erarbeitet. Die Lernenden sollen nun zu einem Soundfile die Schlussbildungen markieren. Je nach Sicherheit und Schwierigkeitsgrad sind unterschiedliche Varianten möglich (nach steigendem Schwierigkeitsgrad):
(1) Zunächst werden die Schlussbildungen markiert mit einem allgemeinen Marker „Einschnitt“ und bei Bedarf gemeinsam überprüft. In einem zweiten Schritt werden dann die unterschiedlichen Schlussbildungen differenziert.
(2) Die Markierung der Schlussbildungen in der einfacheren Form arbeitet mit Stopps zu den jeweiligen Schlussbildungen. Diese werden mehrfach angehört, das Soundfile stoppt an der entsprechenden Stelle und die Lernenden können so in Ruhe nachhören und zu ihrer Entscheidung finden.
(3) Die Markierung in der komplizierteren Form ist die Markierung „in Echtzeit“, ohne dass das Soundfile gestoppt wird.
(4) Die komplizierteste Form ist die sofortige Zuordnung in Echtzeit ohne vorherige Markierung der Schlussbildungen.
Der große Vorteil dieser Übungen ist natürlich der Trainingsaspekt an Werken aus dem „real life“ bzw. mittels Aufnahmen der originalen Literatur. Aus Sicht der Lehrenden bietet das Tool eine gute Übersicht, wie sicher die Zuordnungen in der Gruppe bereits sind und ob man den nächsten Schritt gehen kann. Gerade in der Gehörbildung, in der der Unterricht in größeren Gruppen immer die Herausforderung bietet, die individuellen Fähigkeiten innerhalb der Gruppe im Blick zu behalten, bietet das Tool dadurch einen großen Mehrwert.
Beispiel 2: Motive bzw. wiederkehrendes Material wiedererkennen
Die Studierenden lernen ein musikalisches Material, das die Basis einer Komposition bildet, hörend und/oder spielpraktisch kennen. Denkbar sind Motive klassischer Kompositionen, Fugenthemen oder auch Geräusche oder Klangfolgen in Musik aus dem 20./21. Jahrhundert. Nachdem das Motiv kennengelernt und beschrieben wurde soll es im musikalischen Verlauf wiedererkannt und markiert werden. Gerade für die Musik der Klassik kann so Vorarbeit für die Beschäftigung mit der formalen Gestaltung eines Werkes geleistet werden. Die Frage des Wiederkehrens und Wiederkennens bietet dabei auch einen möglichen Einstieg für die Beschäftigung mit motivisch-thematischer Arbeit: Wie können Wiederholung und Variation voneinander abgegrenzt werden? Welche Möglichkeiten gibt es ein Motiv zu variieren (z.B. mittels Verkürzung, Augmentation…) und wie wirkt sich dies auf die Wiedererkennbarkeit eines Motivs aus? Anschließen kann sich ein eigenes praktisches Ausprobieren, welche Adaptionen eines Motives die Wiedererkennbar beeinflussen bzw. sogar dazu führen, dass das Motiv seine Prägnanz verliert. Daneben kann man austesten, ob die Beschäftigung mit den Optionen motivischer Adaptionen zu einem besseren Wiedererkennen von Motiven in ihren Entwicklungen führt.
Höranalyse
Beispiel 1: Instrumentation
Die Schülerinnen und Schüler sollen die jeweilige Instrumentierung des Themas heraushören. Zusätzlich kann die Textannotation genutzt werden, um die Klangcharakteristik eines Instrumentes/einer Instrumentenkombination zu beschreiben (z.B in Ravels Bolero) Die Marker werden belegt entweder (1) bereits mit den konkreten Instrumenten oder (2) mit den Instrumentengruppen (hohes Holz…). Die Schülerinnen und Schüler hören das Beispiel und sollen zuordnen, wann welches Instrument solistisch in Erscheinung tritt.
Beispiel 2: Popsong (Höranalyse)
Im Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, unterschiedliche Formteile in einem Popsong wahrzunehmen und eine Vertrautheit mit Popmusik-typischen Elementen und Strukturen zu schaffen.
Die Marker sollen den formalen Verlauf des Beispiels erkennbar machen.
Folgende Aspekte sind dafür relevant (Auswahl):
Formteile | Harmonien | Akkordprogression + Funktionen | Patterns (rhythmisch/ melodisch)
Folgende Marker bieten sich dabei an:
- Formteile: neuer Abschnitt | Intro-Strophe-Refrain | Gesang | Solo | …
- Harmonien: Dur-Moll | besonderer Akkord | Akkordtypen wie verminderter Vierklang o.ä.
- Akkordprogression: Tonika -I (Zielklang) | Dominante -V | Subdominante -IV | Kadenz(-punkt)
- Pattern (rhythmisch, melodisch, harmonisch): Elemente markieren lassen, die sich wiederholen (Pattern vorab kennenlernen, ggf. an der Tafel notieren und dann markieren lassen, Benennung beispielsweise über Buchstaben)
Analyse
Allgemeine Parameter
Ziel ist es, ein zuvor unbekanntes Werk kennenzulernen und (grob) einzuordnen. Dafür haben wir uns damit beschäftigt, welche Marker möglichst universell einsetzbar sind. Mit diesem allgemeinen Markerset sollen also Informationen über ein beliebiges Stück gesammelt werden, um über den Höreindruck zu einem möglichst differenzierten Ergebnis zu kommen. Folgende Marker können bei Musik jeglicher Stilistik für Erkenntnisse sorgen:
- Dynamik (slider)
- Dichte (slider)
- Einschnitt (event)
- Wiederholung/Wiedererkennen (event)
- besonderer oder überraschender Moment (event)
- sukzessive Veränderung/Entwicklung (range)
Diese Bezeichnungen sind bewusst relativ allgemein gewählt. Mittels des Kommentar-Tools könnte dann im weiteren Verlauf spezifizieren zu können, woraus der „Besondere Moment“ bestand oder was genau (wie) in der „Veränderung“ adaptiert wurde.
Es geht hier um die Etablierung eines Grundsettings, mit dem die Schülerinnen und Schüler bzw. Studierenden sich Musik annähern. Dieses Setting kann natürlich je nach Repertoire… individuell angepasst werden. Aber gerade die Beschreibung von Verläufen, das Nachvollziehen von z.B. motivischen Elementen… schärft das Ohr auch für die Beschäftigung mit Musik außerhalb des Unterrichtes. Daher bietet es sich aus unserer Sicht an, die Grundmarker auch von Zeit zu Zeit (einzeln) auszutauschen, um unterschiedliche Aspekte musikalischer Gestaltung in den Fokus zu nehmen.
Begriffe einordnen/kennenlernen
In einer Gruppe, in der man sich neu kennenlernt oder beim Einstieg in ein neues Themenfeld kann mittels des Tools ein Begriff, der bisher nicht gemeinsam definiert wurde, eingeordnet werden. Ein Beispiel soll hier der Begriff „Impressionismus“ bilden. Ziel ist es für mich als Lehrende, einen Eindruck davon zu erhalten, was genau die Schülerinnen und Schüler mit dem Begriff verbinden und welche Vorstellung sie von impressionistischer Musik haben. Dies bildet dann den Ausgangspunkt für die weitere gemeinsame Arbeit.
In KoALa wird ein Soundfile hinterlegt, das Musikstücke unterschiedlicher Prägung beinhaltet (in jeweils kurzen Abschnitte). Die Schülerinnen und Schüler sollen die Passagen markieren, die für sie „impressionistisch“ klingen. (Das Beispiel beinhaltet Musikstücke von Debussy/Ravel, die gemeinhin als „impressionistisch“ gelten sowie weiterer entweder ähnlich oder kontrastierend gestaltete Abschnitte anderer Epochen). In einem zweiten Schritt soll über die Kommentarfunktion formuliert werden, aufgrund welcher Aspekte diese Stelle als „impressionistisch“ markiert wurde. Dies übt einerseits das Verbalisieren eigener Eindrücke, andererseits bilden die Antworten einen Startpunkt für die Beschäftigung mit impressionistisch geprägter Klanglichkeit. (Bei Bedarf können einzelne Begriff oder Aspekte in Form einer Wort-Pools vorgegeben werden, um die Beschreibung zu erleichtern.)
Analyse (Klassik)
Ziel ist die (formale) Analyse eines Musikabschnittes aus der Klassik. Mittels einer hörbasierten Analyse in KoALa soll das Werk über den Höreindruck vorstrukturiert werden. Folgende Marker könnten dabei von Interesse sein:
(1) Neuer Abschnitt: Hier soll der Beginn eines neuen Abschnittes markiert werden. Dies kann später die grobe Struktur abbilden. (z.B. Exposition – Durchführung – Reprise) (2) Kadenzpunkt / Schlussbildung: Hier können die Phrasen voneinander abgegrenzt werden. Hier entstehen aus der Erfahrung unterschiedliche Ergebnisse, die eine Diskussion darüber ermöglichen, wie „klar“ bzw. „deutlich“ die jeweilige Kadenz ist. In einem fortgeschritteneren Stadium ist hier auch direkt das Klicken von Halb- und Ganzschlüssen möglich. (3) Motivik: Die einfachste Option ist die Markierung von Momenten, in denen das (ggf. vorher kennengelernte) motivische Materiel des Werkes erklingt. In einer fortgeschrittenen Gruppe könnte dies auch differenziert werden in Thema bzw. geschlossene Strukturen mit klarer Motivik und Abschnitte motivisch-thematischer Arbeit (wie Sequenzbildungen, Verkürzungen). (4) Harmonik: Hier wäre ein möglicher Einstieg die Markierung von überraschenden Wendungen. Für Fortgeschrittene könnte die Markierung von Sequenzen möglich sein. (5) Taktgruppen / Phrasen: Markierung von Beginn oder Ende einer Phrase. Hier kann erkennbar werden, wann beispielsweise symmetrische Taktgruppen im Verhältnis zueinander verlassen werden bzw. an welchen Stellen hier „Unregelmäßigkeiten“ entstehen. (6) Pausen (7) Unisono (8) Rhythmus (9) Dynamische Entwicklung (10) …
Gerade die Musik der Klassik nutzt häufig das Zusammenspiel der Parameter: So fällt die Bildung von Phrasen in der Regel mit den Schlussbildungen zusammen, ebenfalls der Beginn neuer Abschnitte. Auch einzelne Teilaspekte musikalischer Gestaltung (wie der Einsatz von Pausen oder Unisono-Passagen) sind hörend gut zugänglich und bieten einen guten Anknüpfungspunkt für die notentextbasierte Analyse. Mittels KoALa können solche Aspekte gut visualisiert werden, da dann die entsprechenden Markierungen (zum Beispiel von Phrase und Kadenz) zusammenfallen.
Zum Einstieg eignen sich klassische Themenbauten, in denen die Beschäftigung mit Phrasenbildung, Schlussbildung, Positionierung und ggf. Entwicklung des motivischen Materials im Kleinen eingeübt werden kann. Je nach Werk bzw. Beispiel kann eine Auswahl aus den Markern getroffen, bzw. die Marker nach und nach erarbeitet werden.
Assoziativer Zugang / Klangeindruck
Gerade das Einfangen erster Eindrücke zu einem gerade gehörten musikalischen Werk war einer der Impulse zur Entwicklung von KoALa. Innerhalb einer Gruppe passiert es oft, dass – nachdem die ersten ihre Eindrücke geschildert haben – mehr oder weniger Dopplungen oder Varianten von den erst genannten Eindrücken formuliert werden. Daneben war unser Eindruck, dass hier häufig auf die gleichen recht allgemeinen Worte zurück gegriffen wird (ruhig, fröhlich, traurig…). Aus unserer Sicht ist hier eine Ausdifferenzierung und eine Stärkung der individuellen Fähigkeiten, Musik auch auf Basis der sich vermittelten emotionalen Zustände bzw. assoziativer Annäherungen, wünschenswert. KoALa ermöglicht es hier, von allen Beteiligten den ungefilterten ersten Eindruck einzusammeln.
Mögliche Umsetzungen:
Marker werden erstellt, die die Zuordnung von emotionalen Beschreibungen und/oder Assoziationen zu ermöglichen.
Diese Marker könnten wie folgt benannt werden:
- Benennung der Emotionen (klingt „traurig“, „fröhlich“, …)
- Verwendung von Farben (hell, dunkel… - ggf. vorher gemeinsam festgelegt)
- Verwendung von hinterlegten Emojis auf den Markern
- Veränderungen in der Stimmung über den Slider-Marker (dunkel-hell, traurig-fröhlich…)
- allgemeiner Button mit der Option, die Emotionen/Assoziationen über die Kommentarfunktion näher zu beschreiben (ggf. grob kategorisiert, z.B. über Farben)
Die Auswahl zwischen den oben genannten Optionen ist abhängig von der Gruppe und den bereits gemachten Erfahrungen und daraus resultierenden Fähigkeiten. Sie sind in zunehmender Ausdifferenzierung angeordnet. Vorteil der freien Kommentarfunktion ist die Option, keine Gefühle/Assoziationen vorzugeben bzw. vorzukategorisieren, daher sollte dies das Ziel sein. So können die Assoziationen möglichst frei entstehen und in der individuellsten Art und Weise beschrieben werden.
Einige allgemeine Hinweise und Eindrücke aus der bisherigen Arbeit mit KoALa in diesem Bereich:
- Hier entstehen naturgemäß sehr individuelle Aussagen. Es sollte nicht das Gefühl entstehen, dass es darum geht, ein bestimmtes Adjektiv oder Bild zu „finden“. Häufig beleuchtet ein Gefühl oder Bild einen (weiteren) Aspekt der Musik, der sich der/dem Hörenden vermittelt und mein Bild ggf. ergänzen kann. Helfen kann hier im zweiten Schritt die Beschreibung: Kann ich fassen, woher dieser Eindruck stammt bzw. auf welcher Basis er sich vermittelt?
- Arbeit mit vorgegeben Adjektiven bzw. Emojis auf den Markern: Dies kann helfen, die Musik in ein Themenfeld einzuordnen und erleichtert vielen den Zugang; daneben kann ein entsprechendes Vokabular etabliert werden. Nachteil ist die Festlegung auf ein vorgegebenes Vokabular, welches das Werk bereits einordnet. Eine mögliche Alternative ist die Bereitstellung von ähnlichem Vokabular; also nicht „fröhlich“, „traurig“…, sondern „traurig“, „wütend“, „melancholisch“, „erschöpft“. Daneben kann ein weiterer Button mit der Option einer eigenen Formulierung zur Verfügung gestellt werden.
- Werke mit wechselnden Charakteren: In der Erfahrung war es für viele leichter, Werken mit wechselnden Charakteren Stimmungen zuzuordnen.
- Veränderungen: Die Ausdifferenzierung innerhalb einer „Stimmung“ war für die meisten leichter umzusetzen, wenn man sie über den Verlauf angeben ließ.
- Alternative Repräsentationsformen verwenden: Angebot unterschiedlicher Farben – hell \<> dunkel - Naturmetaphern: Wolke, Wind, Donner… Hier sollte man sich im Anschluss um eine „Übersetzung“ bemühen. Gerade über die Verwendung von Methaphern kann gut ein Bezug zu programmatischer Musik hergestellt werden.
- Verwendung der Kommentarfunktion: Ohne Vorgabe von Adjektiven oder Bildern soll an bestimmten (ggf. vorgegebenen Punkten) die Stimmung bzw. die Emotion in eigenen Worten zu beschrieben werden. (Als hilfreich hat sich in meinen Kursen die Frage erwiesen, welche Szenerie man sich vorstellt: Welcher „Film“ würde zu dieser Art von „Filmmusik“ laufen und welche konkrete Szene wird gerade gezeigt? Im weiteren Verlauf kann und sollte man sich von diesem Einstieg lösen. Er hilft aber vielen, die Assoziationen bzw. Zuordnung zu einer Stimmung oder Emotion zu greifen und zu verbalisieren und bildet damit einen guten Startpunkt.)